Hochseefischerei-Kapitäne treffen sich

Eingesandt von Horst Olimsky

Seeleute fühlen sich mehr als andere Berufsgruppen miteinander verbunden. Und unter ihnen die Fischer in besonderem Maße. In den vergangenen Zeiten führte das ‚Aufeinanderangewiesensein‘ der Rostocker und Sassnitzer Hochseefischer und ihrer Kollegen aus Bremerhaven und Cuxhaven Eigenleben jenseits von Konkurrenz, Leistungsdruck und politisch erzwungener Abgrenzung. In den 6Oern hatten sich abseits der hohen Politik und weit weg von Berlin zwischen den Rostockern und den westdeutschen Fabrikschiffen sogar „Beziehungen einer besonderen Art“ herausgebildet. Wertschätzung und Kollegialität sowie die Mentalität der Kapitäne bestimmten auf See das ‚Aufeinanderzugehen‘ und den Grad der Annäherung. Allen voran die früheren Ostpreußen. Dies- und jenseits der Elbe heimisch geworden, demonstrierten sie von Bord zu Bord unüberhörbar ihr besonderes Bedürfnis nach Gemeinsamkeit.

Wer die „dicksten Büdel“ an Deck bekam und wer die besten Reisen machte war flottenbekannt und geachtet. ebenso die Rostocker Fangleiter als Autoritätsperson am Fangplatz. Das UKW-Gerät war mehr als ein Hilfsmittel. Es war die Brücke zwischen Heinz „WE1NERT“ aus Rostock und Peter „BONN“ aus Bremerhaven und vielen anderen. Schiff und Kapitän waren eine Einheit. die jeder am Fangplatz kannte. Die Rostocker Kombinatsleitung, seinerzeit selbst mit der Bremerhavener Hochseefischerei in Kontakt. tolerierte die Kontakte auf See und die privaten an Land, förderte sie auch.

Der zu Beginn der 70er Jahre aufkommende Konkurrenzkampf um die Fangplätze ließ die Beziehungen beiderseits abkühlen. Die verschärfte Abgrenzungspolitik der DDR brachte sie bis auf das Allernotwendigste zum Erliegen, ließ sie jedoch nie in Vergessenheit geraten.

Verschwindend klein war die Schar der Kapitäne geworden, als sich nach den historischen Ereignissen des Herbstes 1989 die nun gesamtdeutsche Hochseefischereiflotte im Nordatlantik traf.

Draußen auf See zwischen Island und Grönland waren sie sich schnell einig, zum nächsten – es war bereits das fünfte -Cuxhavener Treffen der Hochseefischerei-Kapitäne auch die Rostocker einzuladen. Wenig kümmerte sie, dass in der Heimat bereits ein erbittertes Feilschen um Fangquoten zwischen ihren Reedereien begonnen hatte.

„Auch sind wir in der Hochseefischerei übrig gebliebenen Jüngeren es den älteren Kapitänen schuldig, ihr Lebenswerk mit zu bewahren. Sie waren uns Vorbilder und Lehrer“.

An Land sah man es nicht anders. Doch die extremen Witterungsunbilden des Frühjahrs 1996 ließen das Vorhaben scheitern.

Im darauffolgenden Jahr war es dann soweit: Die rührigen Organisatoren um Heinz Bange in Cuxhaven und Rudi Speer in Rostock konnten 82 „Fischdampfer-Kapitäne“, darunter 16 Rostocker, begrüßen (die OSTSEE-Zeitung berichtete am 15. März). Der jüngste Anfang 50, 82 Jahre der Älteste, „Vierstreifen-Offizier“ Walter Beckmann. Allgemeines äußeres Zeichen silbergraues Jahr über blauem Tuch. Jeder ein Zeitzeuge für die großen Zeiten beider deutscher Hochseefischereien in den 60ern. ebenso auch für deren dramatische Niedergänge. 1977 war zum Schicksalsjahr für die deutsche Hochseefischerei geworden als die USA und Kanada ihre Fischereizonen auf 200 Seemeilen .ausweiteten. In Cuxhaven und Bremerhaven hatte in den nachfolgenden Jahren der große Ausverkauf stattgefunden, der 1985 in letzter Minute nur durch staatliche Hilfen gestoppt werden konnte. In Rostock und Sassnitz musste dieser schmerzvolle Prozess nach 1990 in einer weitaus kürzeren Zeit nachvollzogen werden.

Die gemeinsame Erfahrung, einst zu den Ernährern des Volkes gehört zu haben und nun das Ende ihres Berufsstandes miterleben zu müssen, schafft Atmosphäre, eint und stellt das noch Trennende hintenan. Mit innerer Bewegung und ohne Bitternis blicken sie in das bunte Kaleidoskop fünf Jahrzehnte deutscher Hochseefischerei.

Auch graue Töne kommen ins Bild: Gähnende Leere überall in den gewaltigen Hafenbecken der einstmals so bedeutenden Fischereihafen an Weser, Elbe und Warnow. Nur der Bremerhavener Fischereihafen vermag sich mit einem attraktiven schwimmenden Zeitzeugnis zu schmücken. Verantwortungsgefühl gepaart mit Engagement nutzte im Sommer 1990 die Gunst der Stunde und rettete für eine symbolische Mark den in Rostock beheimateten letzten deutschen Seitentrawler ROS 223 GERA vor der Verschrottung.

In Cuxhaven war man mit der Verabredung auseinandergegangen. sich im Herbst in Rostock wieder zu treffen. Rudi Speer, einer der Organisatoren: „Das zweite diesjährige Treffen wird am 7. November in Rostock stattfinden, ganz zünftig mit Fischessen, maritimer Musik und Übernachtungen an Bord. Bedauerlicherweise hat die Einladung zum vorangegangenen Treffen in Cuxhaven unsere Sassnitzer Kollegen nicht erreicht.

Nochmals: Alle Hochseefischerei-Kapitäne zwischen Ahlbeck und Emden sind eingeladen und herzlich willkommen mit oder und ohne Partner!

Dr. WuIf-H. Hahlbeck


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